GOLDLAND
Goldland
Pigment, gemahlener Marmor, Eitempera auf Leinwand 60x80 cm | 2010
Privatsammlung
Christoph M Frisch liebt es, in Zyklen zu arbeiten. Es gibt von ihm einen Joseph-Zyklus, einen Trakl-Zyklus, einen Baudelaire-Zyklus, einen Zyklus zum Motiv der Himmelsleiter. Und jetzt den Goldland-Zyklus. Er hat sich dieses Thema vor einem Jahr gesetzt, als Jahresthema für 2010. Es kam alles anders. Die Krankheit erzwang eine Zäsur, unterbrach die Arbeit -unerbittlich. Der Zyklus ist Fragment, noch Fragment. Christoph wird an ihm weiterarbeiten. Das hat er versprochen.
Einige wenige Arbeiten aus diesem Zyklus sind da. Ihre schwergewichtigen Titel lauten beispielsweise: Schöner Schmerz, Erinnerung, Erwartung, Große Hoffnungen und Goldland.
Wie es sich für einen Zyklus gehört, gibt es Gemeinsamkeiten. Die Bilder werden geeint durch eine ähnliche Farbgebung, durch Gestaltungselemente und Motive. Eine farblich kontrastive Gestaltung ist erkennbar: Der Zyklus wird sich aus zwei Bildgruppen zusammensetzen – aus einer Gruppe blauer Bilder und Bildern mit warmen, erdigen Ocker- und Rottönen.
Christoph M Frisch liebt es,
in Zyklen zu arbeiten.
Zu ihnen gehört GOLDLAND, das Titelbild der Ausstellung. Hintereinandergestellte, flächig gemalte Architekturelemente schaffen einen urbanen Tiefenraum. Er wächst aus dem Wasser. Was sich dahinter verbirgt, bleibt verborgen, unbestimmt - vielleicht weitere Gebäude, vielleicht ein tiefer Horizont, ein venezianisches Goldland, ein Niemandsland, ein Totenreich? Die Gebäude spiegeln sich im Wasser, werfen das Wasser zurück. Grenzen verfließen. Vertikale und Horizontale liegen im Widerstreit, werden durchkreuzt von einem diagonalen Lichtstrom, der sich von links oben nach rechts unten ergießt, und von dem Aufwärtsschwung des mächtigen Bugs einer Barke, die im Vordergrund über ruhigem Wasser durchs Bild gleitet. Gleich einem Schatten sitzt ein einzelner Mensch in ihr, ein Fährmann vielleicht, und bedient das Ruder.
Die Komposition aus Raum, Licht und Figur lebt ganz von Kontrasten: Den Gegeneinander von Horizontalen und Vertikalen, Licht und Schatten, den strengen geometrischen Formen der angedeuteten Architektur und den weichen Wogen des Wassers.
Der schöne Schmerz
Pigment, gemahlener Marmor, Eitempera auf Karton 50x65 cm | 2010
Ähnlich sind die blauen Bilder des Zyklus komponiert. Im „SCHÖNEN SCHMERZ“: Tief liegt der Horizont. Die Bildmitte öffnet sich zentralperspektivisch ins Offene und Weite, zu einem unbestimmten Horizont hin. Symmetrisch wachsen phantastische architektonische Gebilde aus dem Wasser in den Himmel. Einen Nachthimmel. In den Bildern „GROSSE HOFFNUNGEN“ und in „ERINNERUNG“ scheint sich diese Architektur allmählich aufzulösen. Allen Bildern gemeinsam ist nicht nur das Blau und der zentralperspektivische Bildaufbau, sondern auch die Lichtquelle über dem Wasser, der sprichwörtliche Silberstreif am Horizont, und das Motiv des einsamen Fährmanns.
Man kann diese Bildwelt als archaisch-surreal bezeichnen.
Man kann diese Bildwelt als archaisch-surreal bezeichnen. Mehr noch, aber ist sie mythisch-narrativ: Sowohl der Titel des Zyklus GOLDLAND als auch die die existentiell aufgeladenen Titel – SCHÖNER SCHMERZ, ERWARTUNG, GROSSE HOFFNUNGEN, ERINNERUNG – als auch Bildchiffren wie die aus dem Wasser wachsenden Gebilde, vor allem aber der Fährmann in der Barke beginnen, uns Geschichten zu erzählen und schaffen den Raum für eigene Assoziationen, die eigene Goldlandsuche. Diese Unbestimmtheit und generelle Offenheit für die eigenen Deutungen ist ein typischer Aspekt der Arbeiten.
Was allein löst schon der Begriff GOLDLAND aus! All die Geschichten von Ländern mit einem sagenhaften Reichtum an Geld und Glück, nie erreicht und doch immer erträumt: das Paradies, die Fahrt der Argonauten, die Goldländer, die die Antiken in Afrika vermuteten, das Eldorado in der Gluthitze Südamerikas, das sagenhafte Goldland Ophir, von dem im Alten Testament die Rede ist, Amerika, der Süden. Er ruft nicht nur Hoffnungsbilder auf, sondern auch die Bilder des Scheiterns: den wahnsinnigen Aguierre, der mit seinen halbtoten Gefährten auf dem Orinoco treibt. Eldorado hatte er nicht gefunden.
Erwartung
Pigment, gemahlener Marmor, Eitempera auf Karton 50x65 cm, 2010,
Privatsammlung
Und dann erst der Fährmann, der sich in seiner Barke auf den Weg macht, ein Pendler zwischen den Welten. In allen Kulturen markiert er die Wandlung, oft auch den Übergang vom Leben in den Tod, vom Tod in ein anderes Leben. Im altbabylonischen Gilgamesch-Epos bringt ein Fährmann die Helden über das Meer, in Ägypten war Mahef der Fährmann, der die Toten ins Totenreich brachte, im alten Griechenland Charon.
Allen diesen Nachtbildern ist eine somnambule,
enigmatische Atmosphäre eigen.
Allen diesen Nachtbildern ist eine somnambule, enigmatische Atmosphäre eigen. Sie erzählen von existentieller Einsamkeit, von der Verlorenheit in einem surrealen Raum, von der Reise auf etwas Unbestimmtes zu. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Dominanz des kalten Blaus, der Farbe der Ferne, der unbestimmten Sehnsucht, der Spiritualität und Metaphysik. In diese Nachtbilder fällt aber immer auch das Licht – die Signatur der Hoffnung.
Christoph hat mir erzählt, dass ihn an diesem Zyklus vor allem zweierlei gereizt hat: Eben der assoziative Reichtum des offenen Begriffs „Goldland“, der sich verknüpft mit dem Aspekt der Reise, wobei offen bleibt, wie immer im Leben, wohin die Reise geht. Diese beiden Aspekte sind für ihn der Experimentierraum, in dem seine Bilder entstehen. Ausgangspunkt ist natürlich immer eine Gestaltungsidee, aber jede Arbeit auf der Leinwand ist eine kleine Reise in unbekanntes Terrain, hinein in eine Geschichte, in eine Figurenkonstellation, in ein Rätsel. Wir sind gespannt, was in nächster Zeit, was im Kontext des Zyklus, noch entstehen wird.
Auszug der Laudatio von Armin Schmitt, 2010
Große Hoffnungen
Pigment, gemahlener Marmor, Eitempera auf Karton 50x65 cm, 2010,
Eldorado
Es ist von Klang und Düften
Ein wunderbarer Ort,
Umrankt von stillen Klüften,
Wir alle spielten dort.
Wir alle sind verirret,
Seitdem so weit hinaus
Unkraut die Welt verwirret,
Findt keiner mehr nach Haus.
Doch manchmal taucht's aus Träumen,
Als läg es weit im Meer,
Und früh noch in den Bäumen
Rauscht's wie ein Grüßen her.
Ich hört den Gruß verfliegen,
Ich folgt ihm über Land,
Und hatte mich verstiegen
Auf hoher Felsenwand.
Mein Herz ward mir so munter,
Weit hinten alle Not,
Als ginge jenseits unter
Die Welt in Morgenrot.
Der Wind spielt' in den Locken,
Da blitzt' es drunten weit,
Und ich erkannt erschrocken
Diee alte Einsamkeit.
Nun jeden Morgenschimmer
Steig ich ins Blütenmeer,
Bis ich Glücksel'ger nimmer
Von dorten wiederkehr.
Joseph von Eichendorff
Die Nacht
Pigment, Eitempera auf Karton 50x70 cm, 2011 Privatsammlung
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